Och Kapitel 9

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Och-Lexikon

Chapter 10

Kapitel 9

[Die Reise geht weiter Richtung Norden]

Wir wollen nun von Mexiko Abschied nehmen und unsere Reise bis in die entfernteste Missionen in der Pimeria, wohin wir befohlen waren, antreten. Am 14. (66) Juli 1756 ritten wir auf Mauleseln aus Mexiko. Unser Auszug war sehr sonderbar. Ein großer, breiter Schlapphut aus Filz auf dem Kopf, unter diesem ein großes leinernes Tuch, wie ein Schleier rings herabhängend, ein lederner, schwarzer Levitenrock [Levite coat] mit kleinen Flügeln oder Ärmeln um die Schulter [eine Art Umhang] ließen uns seltsam aussehen. Trotzdem ist es durchaus notwendig, so zu reisen, um nicht der allzusehr stechenden Sonne zu erliegen und zu sterben. Auf [die Entfernung von] 300 Stunden trafen wir Städte und Dörfer, aber meistens lagerten wir auf freiem Feld und schliefen nachts in einem großen Zelt. Wir waren zu dritt mit drei Knechten, Matratzen, Kochgeschirr, verschiedenen Lebensmitteln, ja manchmal hatten wir einen Esel mit Holz beladen, da auf 30 und mehr Stunden kein Stock zu finden war. Wir bildeten einen vollkommenen Zigeunerzug. Sieben Stunden von Mexiko entfernt in Tepozotlan, wo das Novitiat [Klosterschule] war, konnten wir schon keinen Menschen verstehen, weil dort die allerschwerste von allen Sprachen, die kein Wort mit der mexikanischen gemein hat, nämlich Odomita, gesprochen wird. Nach 10 Stunden von der Stadt Queretaro hatten wir schon wieder eine völlig unterschiedliche, nämlich die Tarasca, welche herrlich klingt. Eine andere trafen wir in der Gegend von Sant Luis de la Paz an. Über Sant Luis Potosi… hörten wir wieder andere Sprachen bis Durango oder Guadiana.

Hier hielten wir uns etwas auf und besuchten den (67) Bischof…. Wir mußten wegen der Regenzeit acht Tage Halt machen, denn die Wege waren unpassierbar und die Flüsse so angeschwollen, daß wir, weil nirgends eine Brücke oder Fähre anzutreffen war, nicht hinüber waten konnten. Die Flüsse, die diesen Namen nicht verdienen und die man zu Pferde und auch zu Fuß während der meisten Jahreszeit überqueren kann, schwellen während der Regenszeit wegen des von den Bergen zusammenschießenden Gewässers haushoch an. Manchmal müssen die Eseltreiber 3 bis 4 Wochen am Ufer des Flusses mit mehreren 100 Eseln und ihren Waren das Sinken der Flüsse abwarten, bis sie mit ihrer Ruqua (ein Zug von mindestens 25 Mauleseln) übersetzen können.

Mit eben diesem Regen und unter großer Ermüdung unserer Tiere trafen wir endlich in der Stadt Zacadecas ein und waren wie in allen vorherigen Städten im Collegium einquartiert…

Nun konnten wir nach 300 zurückgelegten Stunden keine Städte mehr antreffen. Weil die kleine Stadt Chiquaqua außerhalb unseres Weges lag, und weil (68) wegen der immer umherstreifenden, wilden Indianer die Gegend unsicher ist, dazu auf 100 Stunden weit die besten und ebenen Felder unbebaut sind und die Gegend unbevölkert ist, nahmen wir lieber den geraden, obwohl kaum gangbaren und rauhen Weg durch das kleine Städtchen Parral (heißt soviel wie Weinberg). Da es über 300 Stunden von Mexiko entfernt liegt, ist es hier erlaubt, Wein anzubauen, weil er dem spanischen Gewerbe keinen Schaden verursacht. Der Wein ist kostbar und übertrifft den spanischen… Wegen der bevorstehenden, schroffen Wege mußten wir unsere 12 Tiere hier aufs neue beschlagen lassen, jedes Tier zu 6 Gulden, nämlich 4 Gulden für die Hufeisen und 2 Gulden für den Schmied als Arbeitslohn.

Fragen zum Text

1. Warum spricht Och von einem “Zigeunerzug”?

2. Finden Sie die im Text genannten Orte auf einer Landkarte.

3. Welche indianischen Sprachen erwähnt hier Och?

4. Och sagt, die Flüsse verdienten den Namen nicht. Erklären Sie warum, indem Sie auf die Bedeutung des Wortfeldes “Fluß/fließen” eingehen.

5. Och nannte einen weiteren Aspekt der Kolonialwirtschaft. Welchen?

6. Vergleichen Sie die von Och genannten Flüsse mit denen im heutigen Arizona und mexikanischen Sonora.

Zur Grammatik

A propos (hinsichtlich) Vorsilben: Hätten Sie’s gewußt?

“Manchmal müssen die Eseltreiber 4 Wochen am Ufer des Flusses das Sinken des Wassers abwarten, bis sie mit ihrer Ruqua übersetzen können.”

Die Vorsilbe einiger Verben sind sowohl trennbar als auch untrennbar. Je nachdem, wie sie verwendet werden, ändert sich der Sinn. Betonung und Kontext zeigen an, welche Bedeutung gemeint ist. Betonte Vorsilben sind trennbar. Unbetonte Vorsilben sind untrennbar.

Die Eseltreiber im obigen Satz übersetzen keine Texte von einer Sprache in eine andere; sie setzen über einen Fluß.

Weitere Verben mit festen und trennbaren Vorsilben:

überziehen – Manfred hat sein Konto überzogen. Er zog sich den Mantel über und ging zur Bank.

umschreiben – Der Autor schrieb das Buch um. Ich umschreibe das Wort, nach dem ich suche, ja?

umstellen – In meinem Zimmer stellte ich nichtsahnend die Regale um, während die Polizei unser Haus umstellte.

unterstellen – Sabine stellte den Wagen bei Thomas unter. Seine Freundin unterstellte ihr deswegen die Absicht, mit Thomas anbändeln zu wollen.

umfahren – Jemand hat die Laterne umgefahren. Sieh’ dir nur den Schrotthaufen an. Der Skifahrer hat das Hindernis umfahren.

umgehen- Es geht ein Gerücht um, daß gewisse Politiker die Vorschriften umgehen.

Übung

Suchen Sie die englischen Bedeutungen der oben angeführten Verben mit fester und trennbarer Vorsilbe

Zwei alternative Formen zum Passiv

1. Infinitiv mit ‘zu’ + sein

…, wo schreckliche Abgründe und Sturzabfälle zu befürchten waren (47)

…, weil nirgends eine Brücke anzutreffen war

…, da auf mehrere Stunden kein Stock zu finden war

Normales Passiv:

wo schreckliche Abgründe und Sturzabfälle befürchtet werden mußten

…, weil nirgends eine Brücke angetroffen werden konnte

…, da auf mehrere Stunden kein Stock gefunden werden konnte

2. Adjektive mit der Nachsilbe -bar

Die Wege waren unpassierbar.

ein kaum gangbarer Weg

Der Wein ist kostbar

Unser Auszug war sehr sonderbar.

Normales Passiv:

Die Wege konnten nicht passiert werden.

Der Weg kann (konnte) kaum begangen werden.

Der Wein kann (konnte) viel kosten.

Unser Auszug konnte ausgesondert werden. (ungebräuchlich!)

Ein Passiv mit den Modalverben ‘müssen’ oder ‘können’ kann auch mit einem Infinitiv mit ‘zu’ + ‘sein’ ausgedrückt werden. ‘Sein’ nimmt dabei die Rolle des konjugierten Verbs ein; ‘zu’ verhält sich gegenüber etwaigen Vorsilben des Verbs wie die Partizipialsilbe -ge-’. Diese Struktur wird gerne zusammen mit Ausdrücken der Verneinung verwendet (nirgends, kein).

Wir können auch ein Adjektiv bilden, indem wir die Nachsilbe ‘-bar’ an den Präsensstamm des Verbs fügen. Einige der durch diese Praxis entstandenen Adjektive, wie zum Beispiel ‘kostbar’ oder ‘sonderbar,’ haben sich im Laufe der Sprachgeschichte verselbständigt und werden selten in ein Passiv aufgelöst.

Übungen

1. Formen Sie die nachfolgenden Sätze in Infinitivkonstruktionen mit ‘zu’ + ‘sein’ um.

1.1.Die Missionare konnten die Odomita nicht verstehen. Die Odomita ………………..

1.2.Wegen des heftigen Regens konnten die Bauern ihre Felder nicht bebauen. Die Felder ………………..

1.3.Die Maultiere konnten nicht aufgefunden werden. Sie waren …………………………

1.4.In Mexiko-Stadt konnte man kaum mehr eine Spur von den alten Gebäuden sehen. Nicht eine Spur der alten Gebäude ………………………….

1.5.Die Wege, die wir passieren mußten, waren hohe Felsen und Klippen. Die ……………………..

2. Bilden Sie Adjektive mit ‘-bar’:

2.1.Die Jesuiten konnten den Fluß nicht überqueren. Der Fluß war ……………….

2.2.Die ebenen Felder hätten bebaut werden können. Sie waren ………………

2.3.Das Papier aus Genua konnte schnell zusammengerollt werden. Es war ……………..

2.4.Die Maultiere konnten nicht aufgefunden werden. Sie waren ………………………….

2.5.Man konnte nur die Grundmauern der Kirche sehen. Nur der Glockenturm war ……………………….. (Verwenden Sie ‘sicht-’)

Wiederholung einiger starker Verben

1. Finden Sie die Imperfektformen folgender Verben im Text und nennen Sie die dazugehörigen Partizipien:

befehlen – lassen – treffen – halten – liegen – nehmen

2. Finden Sie die Partizipien folgender Verben im Text und nennen Sie die dazugehörigen Formen des Imperfekts:

beladen – sprechen – anschwellen

3. Vervollständigen Sie die nachfolgenden Sätze:

3.1.Die Ordensleitung ________________ den Missionaren, sich in die Pimeria zu begeben (befehlen).

3.2.Sie hatten auf ihrer Reise nach Norden wenige Dörfer ______________ (antreffen).

3.3.In Durango haben sie sich ein bißchen ________________ (aufhalten).

3.4.Die kleine Stadt Chiquaqua hat außerhalb ihres Weges _____________ (liegen).

3.5.Sie hätten lieber den geraden Weg durch das kleine Städtchen Parral ____________ (nehmen).

Kapitel 10